Letzte Vorstellung von "Doctors Dilemma" am 16. Januar im Kleinen Haus vom Staatstheater Wiesbaden. Restkarten verfügbar!

https://www.staatstheater-wiesbaden.de/

 

Shaws „Doktors Dilemma“ am Staatstheater Wiesbaden 

In Shaws Stück von 1906 geht um Impfung und Triage – der Auswahl, wen ein Arzt noch behandeln kann und wen nicht. Aber in Wiesbaden wird die Chance einer Aktualisierung vertan.

Von Birgitta Lamparth
Redakteurin Kultur/Politik/Wirtschaft Wiesbaden


WIESBADEN - Die Bühnenarbeiter sind die einzigen, die in den Umbaupausen eine Maske tragen. Dabei geht es in diesem Stück doch um eine hochansteckende Krankheit. Da wäre das ein spannendes Requisit für das Ensemble gewesen – zumindest zeitweise, mit ganz neuen Anforderungen an Sprache und Mimik. Aber nichts: keine Maske, kein Desinfektionslösungsständer, kein Impfzentrum. Keine durchaus mögliche Aktualisierung eines Stoffes, bei dem ein Begriff im Mittelpunkt steht, den wir durch Corona gelernt haben: Triage.

Jenes Damoklesschwert, das seit der Pandemie über dem Gesundheitssystem hängt: Eine Priorisierung von Kranken, die man noch behandeln und solchen, die man nicht mehr aufnehmen kann. Wenn nun in Wiesbaden George Bernards Shaws „Doktors Dilemma“ auf

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die Bühne kommt, dann doch mit diesem Hintergedanken. Aber die Inszenierung von Tim Kramer greift das nicht wirklich auf und setzt das 1906 uraufgeführte Stück eher behäbig konservativ um. Das kann seinen Charme haben, lässt aber definitiv Chancen ungenutzt. Götter in Weiß entscheiden über Leben und Tod

Es geht um Sir Colenso Ridgeon (Uwe Eric Laufenberg), der mit einer neuen Impfung Tuberkulosekranke retten will. Aber er hat nur zehn Plätze frei. Und muss sich entscheiden zwischen dem genialen, aber menschlich fragwürdigen Künstler Louis Dubedat (Christoph Kohlbacher), dessen betörende Frau Jennifer für ihn Bittstellerin ist (Mira Benser), und dem Arme-Leute-Arzt Dr. Blenkinsop (Felix Strüven). Diese Triage-Situation führt zu entlarvenden Werte-Diskussionen mit seinen Kollegen Sir Patrick Cullen (Bernd Ripken), Cutler Walpole (Michael Birnbaum), Leo Schutzmacher (Martin Plass) und Sir Ralph Bloomfield Bonington (Uwe Kraus): Alte weiße Männer urteilen über Leben und Tod. Schließlich wird über Bande gespielt – wobei Ridgeons Eigennutz und der Liebreiz der Künstler-Gattin keine unwesentliche Rolle spielen.

Da gibt es einige Wendungen. Aber der eigentlich medizinisch wie ethisch interessante Fall schlingert dabei auch in eine einseitige Liebesgeschichte ab. Diese Verlagerung – wir erfahren viel über den Künstler, aber was ist eigentlich mit Blenkinsop? – ist nicht der Inszenierung anzulasten: Das ist das „Dilemma“ der in nur vier Wochen geschriebenen Vorlage Shaws. Die kann sich auch nicht entscheiden zwischen bissiger Komödie und betulicher Tragödie.

In der gediegen altbackenen Ausstattung von Gisbert Jäkel und den feinen Roben und pfiffigen Pepita-Anzügen von Jessica Karge holt das Ensemble doch einiges heraus. Allen voran der sehr präsente Christoph Kohlbacher als „begabtes Scheusal“ Dubedat, das sich durch die Welt schnorrt und von den Göttern in Weiß, die er vielsagend in seinem Atelier mit einer Mitra dekoriert, kein bisschen beeindrucken lässt. Dass die bei Jennifer nur so dahinschmelzen, liegt an Mira Benser. Dass sie aber auch in dieser Rolle schon wieder die Hüllen fallen lassen muss, dürfte mittlerweile mal ausgereizt sein.

Ein Wiedersehen mit Ripken und Kroll
Die Wiesbadener Theatergänger werden sich auch über den Gast Bernd Ripken freuen: Der Grandseigneur war viele Jahre Ensemblemitglied und ist hier ein kluger Sir Patrick mit salomonischer Urteilskraft. Und auch mit Monika Kroll gibt es ein Wiedersehen als freche Concierge Ridgeons – ein Zerberus mit Herz.
Diesem Ridgeon gibt Intendant Laufenberg in einer weiteren Autoritätsrolle eine (selbst- )verliebte, mitunter aufbrausende Kontur, nimmt sich aber im Laufe des durchaus unterhaltsamen, dreistündigen Abends (mit Pause) zurück. Dafür trumpfen Uwe Kraus und Michael Birnbaum als gewitzte Weißkittel ordentlich auf. Feine satirische Kabinettstückchen steuert Lina Habicht in verschiedenen Hosenrollen bei – eine davon verrät, wie Shaw auch über Reporter denkt. Was er von Privatmedizin und Impfungen hält, das lässt sich auf zwei unwahrscheinliche Worte reduzieren: „Heilung garantiert“. Ein Abend, der sein Publikum finden wird – das der Premiere war begeistert. Für die Schauspieler sicher eine Wohltat, wieder einmal den Applaus von deutlich mehr Zuschauern zu hören. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. 

 

 



Ripken in der Tonne

Becketts "Endspiel "am Staatstheater Wiesbaden

 

 

https://www.fr.de/kultur/theater/beckett-trilogie-wiesbaden-komm-gehen-koennen-nicht-13790429.html

 

07.06.20 15:08

Staatstheater Wiesbaden

Beckett-Trilogie in Wiesbaden: Komm, wir gehen. Wir können nicht

Judith v. Sternburg

Theater zur Stunde: Das Staatstheater Wiesbaden setzt seine Beckett-Trilogie mit „Endspiel“ und „Warten auf Godot“ fort.

Schauspiele von Samuel Beckett passen sich in die Gegenwart atmosphärisch und praktisch ausgezeichnet ein: Hier die unbehaglichen Situationen und Konstellationen, bei denen nicht immer eindeutig wird, ob das Schlimmste vorüber ist oder noch kommt, das Unheimliche und das Unvertraute, das aber auch wieder rasch zur Gewohnheit wird. Dort ein übersichtliches Bühnenpersonal, das nicht gerade übereinander herfällt. Die eine sitzt in einem Erdhügel fest, die anderen stecken in Mülltonnen. Und in „Warten auf Godot“ wurden die aktuellen Abstandsregeln spaßig in die Handlung aufgenommen und machten sich da gut. Es ist eben alles unbegreiflich.

Auf „Glückliche Tage“ vom Donnerstag folgten am Wochenende im Staatstheater Wiesbaden „Endspiel“ und „Warten auf Godot“, eine kleine Beckett-Trilogie im Großen Haus mit bescheidenen Mitteln. Das Projekt, inszeniert von Intendant Uwe Eric Laufenberg, verfehlte seine Wirkung nicht: gegenwärtig vor allem als Spiegel einer bedrängenden und zugleich vereinzelnden Lage, eines familiären Aufeinanderhockens, eines Nicht-Wegkommens, einer ausgedehnten Warterei.

Die Salon-Umgebung von „Glückliche Tage“ wich im „Endspiel“ einer kargen Fläche, auf dem Boden lag Plastikmüll, gewissermaßen auch, weil die Tonnen bereits mit alten Leutchen besetzt waren. Hier handelte es sich um Mietshauscontainer mit dem üblichen Nachteil, sich nicht so einfach öffnen und schließen zu lassen. Für „Godot“ hat Rolf Glittenberg auf schwarzer Bretterinsel ein bandagiertes, aber aus einem Ast kräftig sprießendes Baumobjekt platziert. All dies verlässliche Wiedererkennungseffekte für zu Klassikern gewordene Theaterprovokationen. Dass man sich in Becketts Welt einmal heimisch fühlen, hier quasi wieder Boden unter die Füße bekommen würde, war nicht abzusehen.

Sterne und Unsterne: So entschlossen und reizvoll das Unterfangen, so bitter das Pech, dass der Schauspieler von Clov und Wladimir spät erkrankte, Michael Birnbaum. Dass das „Endspiel“ – aus organisatorischen Gründen nun in die Mitte der Trilogie gerückt – nun der sprödeste Teil war, lag sicher vor allem daran, es ist in der Inszenierung aber auch so angelegt. Christian Klischat dominierte als unfroher, unbarmherziger, auch wie für sich selbst befremdlicher Hamm vom Rollstuhl aus die Szene, Philipp Appel absolvierte den Clov, und als Nell und Nagg steckten Evelyn M. Faber und der alte Kämpe Bernd Ripken die Köpfe aus ihren Tonnen. Die beiden abgewrackten Alten (aber in Abendgarderobe, Kostüme: Marianne Glittenberg), eigentlich eine böse Geschichte, boten ein zärtliches, menschliches und versöhnliches Moment.

„Warten auf Godot“ wäre in der Mitte vielleicht wie eine Art Zwischenspiel gewesen, relativ aktionsreich – man vertritt sich beim Warten sozusagen die Beine – und komödiantisch. Hier sprang nun Laufenberg, der ja Schauspieler ist, selbst als Wladimir ein. Zwischen Textheft und dem verständlicherweise lautstark hereinrufenden Dramaturgen bahnte er sich seinen Weg, sang und tanzte. Das hatte natürlich seine ulkigen Seiten und passte auch zum Hauch von Improvisation und Abenteuer, der über der gesamten Trilogie lag. Zugleich gab es – im Anschluss an Laufenbergs in Ton und Haltung doch recht ähnlichen „Solo-Diskurse“ zur Corona-Situation (auf der Netzseite des Staatstheaters als Video zu erleben) – dem Stück eine Neigung ins Selbstgefällige, das mit Beckett nichts zu tun hat.

Tanzen und straucheln

Bill Weiser war ein besonders empfindlicher, fast kapriziöser Estragon, und sie hatte eine Prise Ironie zur Hand, wenn der Text einmal völlig auseinander flog. Auch Klischat und Atef Vogel als Pozzo und Lucky, beide selbst in der Schlaffheit auf Draht, belebten die Szene enorm. Alle vier waren wirklich gut im Tanzen und Straucheln und Platt-in-der-Gegend-Herumliegen.

Die Aussparung des Kindes wirkte einerseits fatal, andererseits betonte es die ungewohnte Leichtherzigkeit. Godot wird garantiert nicht kommen, die Menschen werden unter sich bleiben.

Staatstheater Wiesbaden, Großes Haus: „Warten auf Godot“ am 12., 18. Juni. „Endspiel“ am 13., 19. Juni. Mit „Glückliche Tage“ am 11., 17. Juni ergibt sich daraus die Beckett-Trilogie. www.staatstheater-wiesbaden.de

https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=18233&Itemid=100190

Glückliche Tage | Endspiel | Warten auf Godot – Staatstheater Wiesbaden – Uwe Eric Laufenberg startet ins Postcorona-Theater mit Beckett

Dompteure des Stillstands

von Shirin Sojitrawalla

Wiesbaden, 6. Juni 2020. Die Absage der diesjährigen Wiesbadener Weinwoche führte zu kollektivem Wehgeschrei. Die Schließung des Wiesbadener Theaters indes entsetzte vornehmlich den Intendanten Uwe Eric Laufenberg. In seinen so genannten Solo-Diskursen machte er aus seinem Herzen keine Mördergrube und polterte sein Unverständnis für die Maßnahmen der Regierung frei heraus.

Schon Ende April kündigte er dann trotzig an, eine Beckett-Trilogie erarbeiten zu wollen, am 4. Mai begannen die Proben, und als es in Hessen überraschend hieß, ab 9. Mai dürfte wieder gespielt werden, war Wiesbaden bzw. sein Theater fein raus. Sogar ein Ersatzprogramm für die Maifestspiele gab es noch, und jetzt Beckett im Dreierpack.

Ein Ehepaar sucht "Glückliche Tage"

Beckett geht ja irgendwie immer. Die Vorteile in Zeiten von Hygienemaßnahmen liegen auf der Hand: Wenige Figuren mit viel Abstand auf der Bühne und abgezählte Zuschauer im großen Saal als Idealpublikum (200 von 1000 Plätzen wurden dann tatsächlich vergeben).

Laufenberg entschied sich für die drei bekanntesten und meistgespielten Beckett-Stü, "Endspiel" und "Warten auf Godot". Bescheidenes Ziel sei es, so ließ er verlauten, die Stücke anhand der aktuellen Krise neu zu deuten, vor allem aber mit diesen die aktuelle Krise neu zu lesen. Ob dieser Ankündigung alpträumte man schon Schauspieler mit Mundschutz und irgendwas mit Klopapier auf der Bühne.

Winnie aus "Glückliche Tage" ist dann in Wiesbaden nicht wie gewohnt in einem Hügel eingegraben, sondern thront in einem umfangreichen Reifrock, in dem sie sich bewegt wie in einem Laufstall. Ihr Mann Willie schläft hinter ihr auf einem Sofa in einem der Zeit enthobenen Wohnzimmer. Evelyn M. Faber und Gottfried Herbe, seit Urzeiten am Wiesbadener Theater zu sehen und seit Urzeiten verheiratet, verkörpern das betagte Ehepaar.

 

Sie redet, er schweigt die meiste Zeit. Im zweiten Akt, wenn Winnie bei Beckett bis zum Hals in der Erde steckt, liegt Evelyn M. Faber in einem Krankenhausbett, im Laken festgezurrt wie in einer Zwangsjacke. Ihr prächtiger Reifrock steht auf der Vorbühne wie ein aufgeplatzter Kokon. Ihre Stimme kommt jetzt aus dem Off und auch ihr Ehemann tanzt wie eine ferne Erinnerung hinein. Dazu plärrt "New York, New York" aus den Lautsprechern. Und während man noch denkt, was für ein Kitsch, zerreißt einem dieses alt gewordene Paar und sein Glauben an den geglückten Tag das Herz. Ob das Krankenbett in einer Psychiatrie steht oder ob es sich um das letzte Zimmer handelt, wo Winnies noch einmal lebenslustig tanzender Ehemann zu Boden sinkt, bleibt himmlisch offen.

Kurz: Ein Auftakt, der aufhorchen ließ.

"Enspiel" wie aus dem Archiv

Einen Tag später im "Endspiel" wähnte man sich dann in einem Livestream aus dem Archiv. Alles so wie immer, Überraschungen ausgeschlossen. Womöglich hat man das Stück auch einfach zu oft gesehen. Immerhin die bekannten Mülltonnen wurden auf den neuesten Stand gebracht, eine für den Restmüll, eine fürs Altpapier. Noch nie aber war die Grausamkeit der beiden in diesen Tonnen hausenden Eltern so brisant wie gerade jetzt, wo manch ein Vorschlag in der Corona-Krise ähnlich grausam tönt. Die Wirklichkeit spitzt die alten Sätze regelrecht zu. Eine Umarmung heute ist eben keine Umarmung von gestern.


 

Trotzdem hätte die Inszenierung mehr Esprit und Gestaltungswillen, zumindest eine stärkere visuelle Idee gebraucht. So aber spult sich das Ganze zu erwartungsgemäß ab, obwohl Christian Klischat als unbeherrschter Hamm sich nach Art eines cholerischen Gangsterbosses aufspielt und Evelyn M. Faber und Bernd Ripken als greises Ehepaar zartbittere Momente zelebrieren.

Ein Hauch von Anarchie in "Warten auf Godot"

Ähnlich erwartbar dann auch die Szenerie von "Warten auf Godot", schräge Bühne, ein Baum, zwei komische Gestalten. Sybille Weiser spielt Estragon und Uwe Eric Laufenberg, der auch Schauspieler ist, sprang kurzfristig für den erkrankten Michael Birnbaum als Wladimir ein. Während Weiser das Spiel sehr eigen fiebrig auflädt, verleiht ihm Laufenberg mitunter eine schnodderige Beiläufigkeit. Heraus kommen keine Beckett-Landstreicher, sondern merkwürdige Hipster-Loser.

Laufenbergs Kampf mit dem Textbuch und dem Souffleur weht zudem eine wohltuende Portion Anarchie in den herkömmlich inszenierten Abend. Das Entgrenzte, das dieser Beckett-Trilogie sonst abgeht, hier geht es unverhofft herrlich auf. Estragon kichert, Wladimir schwadroniert und momentelang weiß niemand, ob das jetzt Beckett oder spielerischer Übermut ist. Die unvermeidlichen Scherze auf Kosten der Corona-Krise verschmerzen sich so. Für den Seitenhieb auf den Sicherheitsabstand müsste aber bitte trotzdem rasch ein Bühnenverbot her.

Von einer Neudeutung zu sprechen, wäre zu viel gesagt, doch Becketts existenziellen Sätze tönen heute natürlich anders, schärfer, jetzt, da im so genannten richtigen Leben allenthalben vom Tod die Rede ist. Obendrein erweist es sich als Gewinn, die drei Stücke hintereinander zu sehen und damit auch ihre Parallelen. Etwa das Motiv des Selbstmords, das in allen drei Stücken als möglicher Ausweg aufscheint. Oder das Vorangehen, das bei Beckett immer auch ein zu Ende gehen meint, überhaupt sein fortschreitender Stillstand. Allen voraus auch seine traurig tollen Paare, denen ihre Langzeitbeziehung absurd wahre Dialoge diktiert. Das alles lässt sich in Wiesbaden bequem wiederentdecken.

Wer aber meint, Becketts Stücke spiegelten den Ausnahmezustand, versteht sie miss. In Wirklichkeit spiegeln sie das ganz normale Leben, Krisenmodus hin oder her.

Glückliche Tage | Endspiel | Warten auf Godot – Staatstheater Wiesbaden – Uwe Eric Laufenberg startet ins Postcorona-Theater mit Beckett

Dompteure des Stillstands

von Shirin Sojitrawalla

Wiesbaden, 6. Juni 2020. Die Absage der diesjährigen Wiesbadener Weinwoche führte zu kollektivem Wehgeschrei. Die Schließung des Wiesbadener Theaters indes entsetzte vornehmlich den Intendanten Uwe Eric Laufenberg. In seinen so genannten Solo-Diskursen machte er aus seinem Herzen keine Mördergrube und polterte sein Unverständnis für die Maßnahmen der Regierung frei heraus.

Schon Ende April kündigte er dann trotzig an, eine Beckett-Trilogie erarbeiten zu wollen, am 4. Mai begannen die Proben, und als es in Hessen überraschend hieß, ab 9. Mai dürfte wieder gespielt werden, war Wiesbaden bzw. sein Theater fein raus. Sogar ein Ersatzprogramm für die Maifestspiele gab es noch, und jetzt Beckett im Dreierpack.

Ein Ehepaar sucht "Glückliche Tage"

Beckett geht ja irgendwie immer. Die Vorteile in Zeiten von Hygienemaßnahmen liegen auf der Hand: Wenige Figuren mit viel Abstand auf der Bühne und abgezählte Zuschauer im großen Saal als Idealpublikum (200 von 1000 Plätzen wurden dann tatsächlich vergeben).

Auf Abstand mit Beckett: Gottfried Herbe und Evelyn M. Faber in "Glückliche Tage" © Karl und Monika Forster

Laufenberg entschied sich für die drei bekanntesten und meistgespielten Beckett-Stü, "Endspiel" und "Warten auf Godot". Bescheidenes Ziel sei es, so ließ er verlauten, die Stücke anhand der aktuellen Krise neu zu deuten, vor allem aber mit diesen die aktuelle Krise neu zu lesen. Ob dieser Ankündigung alpträumte man schon Schauspieler mit Mundschutz und irgendwas mit Klopapier auf der Bühne.

Winnie aus "Glückliche Tage" ist dann in Wiesbaden nicht wie gewohnt in einem Hügel eingegraben, sondern thront in einem umfangreichen Reifrock, in dem sie sich bewegt wie in einem Laufstall. Ihr Mann Willie schläft hinter ihr auf einem Sofa in einem der Zeit enthobenen Wohnzimmer. Evelyn M. Faber und Gottfried Herbe, seit Urzeiten am Wiesbadener Theater zu sehen und seit Urzeiten verheiratet, verkörpern das betagte Ehepaar.

Reifrock statt Erdhügel: Evelyn M. Faber in "Glückliche Tage" © Karl und Monika Forster
 

Sie redet, er schweigt die meiste Zeit. Im zweiten Akt, wenn Winnie bei Beckett bis zum Hals in der Erde steckt, liegt Evelyn M. Faber in einem Krankenhausbett, im Laken festgezurrt wie in einer Zwangsjacke. Ihr prächtiger Reifrock steht auf der Vorbühne wie ein aufgeplatzter Kokon. Ihre Stimme kommt jetzt aus dem Off und auch ihr Ehemann tanzt wie eine ferne Erinnerung hinein. Dazu plärrt "New York, New York" aus den Lautsprechern. Und während man noch denkt, was für ein Kitsch, zerreißt einem dieses alt gewordene Paar und sein Glauben an den geglückten Tag das Herz. Ob das Krankenbett in einer Psychiatrie steht oder ob es sich um das letzte Zimmer handelt, wo Winnies noch einmal lebenslustig tanzender Ehemann zu Boden sinkt, bleibt himmlisch offen.

Kurz: Ein Auftakt, der aufhorchen ließ.

"Enspiel" wie aus dem Archiv

Einen Tag später im "Endspiel" wähnte man sich dann in einem Livestream aus dem Archiv. Alles so wie immer, Überraschungen ausgeschlossen. Womöglich hat man das Stück auch einfach zu oft gesehen. Immerhin die bekannten Mülltonnen wurden auf den neuesten Stand gebracht, eine für den Restmüll, eine fürs Altpapier. Noch nie aber war die Grausamkeit der beiden in diesen Tonnen hausenden Eltern so brisant wie gerade jetzt, wo manch ein Vorschlag in der Corona-Krise ähnlich grausam tönt. Die Wirklichkeit spitzt die alten Sätze regelrecht zu. Eine Umarmung heute ist eben keine Umarmung von gestern.

Nach neusten Abfallstandards: Evelyn M. Faber und Bernd Ripken geben in Beckett-Tonnen das "Endspiel" © Karl und Monika Forster
 

Trotzdem hätte die Inszenierung mehr Esprit und Gestaltungswillen, zumindest eine stärkere visuelle Idee gebraucht. So aber spult sich das Ganze zu erwartungsgemäß ab, obwohl Christian Klischat als unbeherrschter Hamm sich nach Art eines cholerischen Gangsterbosses aufspielt und Evelyn M. Faber und Bernd Ripken als greises Ehepaar zartbittere Momente zelebrieren.

Ein Hauch von Anarchie in "Warten auf Godot"

Ähnlich erwartbar dann auch die Szenerie von "Warten auf Godot", schräge Bühne, ein Baum, zwei komische Gestalten. Sybille Weiser spielt Estragon und Uwe Eric Laufenberg, der auch Schauspieler ist, sprang kurzfristig für den erkrankten Michael Birnbaum als Wladimir ein. Während Weiser das Spiel sehr eigen fiebrig auflädt, verleiht ihm Laufenberg mitunter eine schnodderige Beiläufigkeit. Heraus kommen keine Beckett-Landstreicher, sondern merkwürdige Hipster-Loser.

Laufenbergs Kampf mit dem Textbuch und dem Souffleur weht zudem eine wohltuende Portion Anarchie in den herkömmlich inszenierten Abend. Das Entgrenzte, das dieser Beckett-Trilogie sonst abgeht, hier geht es unverhofft herrlich auf. Estragon kichert, Wladimir schwadroniert und momentelang weiß niemand, ob das jetzt Beckett oder spielerischer Übermut ist. Die unvermeidlichen Scherze auf Kosten der Corona-Krise verschmerzen sich so. Für den Seitenhieb auf den Sicherheitsabstand müsste aber bitte trotzdem rasch ein Bühnenverbot her.

Am Beckett-Baum: Michael Birnbaum (in der Premiere krankheitsbedingt durch Uwe Eric Laufenberg ersetzt) und Sybille Weiser spielen "Warten auf Godot" © Karl und Monika Forster

Von einer Neudeutung zu sprechen, wäre zu viel gesagt, doch Becketts existenziellen Sätze tönen heute natürlich anders, schärfer, jetzt, da im so genannten richtigen Leben allenthalben vom Tod die Rede ist. Obendrein erweist es sich als Gewinn, die drei Stücke hintereinander zu sehen und damit auch ihre Parallelen. Etwa das Motiv des Selbstmords, das in allen drei Stücken als möglicher Ausweg aufscheint. Oder das Vorangehen, das bei Beckett immer auch ein zu Ende gehen meint, überhaupt sein fortschreitender Stillstand. Allen voraus auch seine traurig tollen Paare, denen ihre Langzeitbeziehung absurd wahre Dialoge diktiert. Das alles lässt sich in Wiesbaden bequem wiederentdecken.

Wer aber meint, Becketts Stücke spiegelten den Ausnahmezustand, versteht sie miss. In Wirklichkeit spiegeln sie das ganz normale Leben, Krisenmodus hin oder her.

 

https://www.main-spitze.de/freizeit/kunst-und-kultur/kulturnachrichten/premieren-marathon-mit-drei-beckett-stucken-in-wiesbaden_21777428

 

https://www.staatstheater-wiesbaden.de/schauspiel/premieren-2019-2020/endspiel/

 

Distanzgebot und Abstandsnot

von Michael Kaminski

Vier Personen auf der Bühne. Was in Zeiten vor der Covid-19-Lage Theateralltag war, gestaltet sich unter den Vorzeichen der Seuche zu einem Wagnis. Das Hessische Staatstheater Wiesbaden, dessen Hausherr Uwe Eric Laufenberg in sieben vor einigen Wochen auf der Homepage des Hauses veröffentlichten „Solo-Diskursen“ mit der Situation seines durch die Pandemie lahmgelegten Hauses beinahe so gerechtet hatte wie einst Ijob mit seinem Schöpfer, wuchtet nun mit Glückliche Tage, Endspiel und Warten auf Godot couragiert eine Beckett-Trilogie auf die Bühne, die sich dem unerbittlichen Anspruch des Intendanten auf Wiederaufnahme des Spielbetriebs verdankt. Mag sein, der Mensch ist eben doch nur dort wirklich Mensch, wo er spielt. Die Endspiel-Premiere setzt sich aber nicht allein über die gegenwärtigen Unbilden der Pandemie hinweg, sie trotzt zudem den üblichen Unwägbarkeiten des Theaters, die dazu nötigen das Endspiel kurzfristig dem Warten auf Godot voranzustellen. Zwar nicht die Seuche war einem der Spieler zu Leibe gerückt, eine andere Krankheit hindert ihn am Premiereneinsatz. Für ihn springt der textsichere Souffleur ein. Die Vorstellung ist gerettet.

Nicht minder absurd als die Situation bei Beckett mutet die im Zuschauersaal an. Gerade 200 der über 1000 Plätze im Großen Haus des Hessischen Staatstheaters durften verkauft werden. Wahrscheinlich übersteigt die Zahl der stuckierten Götter, Personifikationen und Putten im Proszenium und an den Rängen des historischen Auditoriums die der Besucher aus Fleisch und Blut.

Hausherr und Regisseur Laufenberg ist Mann des Literatur- und Schauspielertheaters. Becketts sprachgewaltige Dystopie kommt ihm da recht. Ebenso die das Einhalten des Abstandsgebots auch konzeptionell rechtfertigende Isolation der Figuren. So badet denn Christian Klischat seinen Hamm geradezu in durchtriebener Suada. Ob in den Dialogen oder im Solo-Diskurs, Klischat scheut nicht vor einem offensiven, an den geeigneten Stellen geistreich abschattierenden Deklamationsstil, in dem Becketts „Schauspielerarien“, wenngleich längst sinnfrei und nichtig, in all' ihrer Brillanz und Fragwürdigkeit aufleben. Bernd Ripken gibt einen noch in prekärer Lage sympathisch-charmanten Nagg und bringt damit eine final freilich zertrümmerte boulevardeske Note wie von der am Theater vorbeiführenden sich mondän gebenden Wilhelmstraße ins Stück. Nell wird von Evelyn M. Faber vor allem dann profiliert, wenn die beiden Alten ebenso wie von den Müllcontainern, in denen sie hausen, durch das gegenwärtige Distanzgebot an Küssen und Umarmungen gehindert werden. Einspringer Philipp Appel schlägt sich als Clov textsouverän und wacker.

Rolf Glittenberg situiert die Beckettsche Dystopie in einem weitläufigen durch etwa zimmerhohe weiße Wände begrenzten Raum mit vollgemülltem Boden. Nell und Nagg vegetieren in den üblichen Müllcontainern. Hamm klebt in einem fahrbaren Ohrenbackensessel.

In Schwarz und Braun irgendwo zwischen Straßenanzug und Kaftan gehüllt, hält Hamm in Marianne Glittenbergs Kostüm die Mitte zwischen heruntergekommenem Despoten und orientalischem Märchenerzähler, der schon weitaus glücklichere Tage gesehen hat. Zur boulevardesken Nonchalance Naggs passt der Smoking.

Dass der Abend stattfindet, beglaubigt seinen Wert an sich. Besser aber noch, dass das künstlerische Ergebnis sich sehen lassen kann.

http://theaterpur.net/nebenan/2020/06/wiesbaden-endspiel.html

Das große Warten auf das Ende: »Endspiel« am Staatstheater Wiesbaden

8. Juni 2020 Kritik Theater, Kritiken, Theater

Becketts eigenwillige Sicht auf die ihm absurd erscheinende menschliche Existenz machten ihn weltberühmt. Seine drei bekanntesten Werke stehen zur Wiederinbetriebnahme des Spielbetriebs nach der Corona bedingten Zwangspause neu auf dem Spielplan des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden. Auf Glückliche Tage folgte jetzt Endspiel, das ursprünglich als letztes aus dieser Trilogie gezeigt werden sollte. Wegen eines krankheitsbedingten Ausfalls im Ensemble wurde es vorgezogen. Dabei übernahm Philipp Appel kurzfristig die Rolle des Dieners Clov von Michael Birnbaum.

Die Bühne im Großen Haus ist für Endspiel mit denselben Grundmauern wie bei Glückliche Tage abgegrenzt. Hinzugefügt wurden zwei kleine stilisierte Fenster, die hoch an der Rückwand angebracht sind und den Eindruck, man befinde sich in einem großen Verlies, unterstreichen. Auf der linken Seite befinden sich zwei 1100-Liter Mülltonnen für das Zuhause der Bein-losen Eltern des blinden und gelähmten Hauptprotagonisten Hamm, dessen Platz auf der rechten Seite in einem Ohrensessel (mit fahrbarem Unterbau) ist. Auf dem Boden liegt reichlich Müll (Bühne: Rolf Glittenberg). Unterschiede zwischen Tag und Nacht spielen in diesem Stück keine Rolle, hier werden sie durch dezente Lichtveränderungen erlebbar.

Endspiel
Staatstheater Wiesbaden
Nagg (Bernd Ripken), Hamm (Christian Klischat), Clov (Philipp Appel)
Foto: Karl und Monika Foster

Christian Klischat ist in Uwe Eric Laufenbergs Inszenierung als Hamm unumstrittener Trumpf der Inszenierung. Zwar sind bei Beckett die Figuren nicht wirklich Individuen oder Typen, Klischats Hamm ist gleichwohl ein Musterbeispiel eines widersprüchlichen Homo sapiens. In der knapp zweistündigen Aufführung zieht er die ganze Zeit über alle Aufmerksamkeit auf sich (und dies, obwohl er fast die ganze Zeit über eine Nickelsonnenbrille trägt).
Philipp Appels gibt mit schwarzer Weste auf nacktem Oberkörper (Kostüme: Marianne Glittenberg) den des Sitzens unfähigen, stets langsam und mit Bedacht gehenden Dieners Chov. Er tritt auf, tritt ab, folgt den Befehlen von Hamm, um ihm dann doch zu widersprechen. Ein ständiger verbaler Zweikampf zwischen den beiden. Als ab und an aus den aus den Müllgefäßen auftauchende Eltern verleihen Bernd Ripken (Nagg) und Evelyn M. Faber (Nell) der Inszenierung einen Hauch von menschlicher Wärme in der ansonsten so gefühlskalten Atmosphäre.

Nach langem Warten auf das Ende der Welt: Viel freundlicher Applaus.

Markus Gründig, Juni 20


https://kulturfreak.de/das-grosse-warten-auf-das-ende-endspiel-am-staatstheater-wiesbaden


 

 

 

 

Theaterzeitung Hessisches Staatstheater 1993/94

Premiere 9.Oktober im Staatstheater Wiesbaden

"Mein Bass kennt keine Rente"

Von und mit Bernd Ripken

Zum fünfzigjährigen Bühnenjubiläum als Schauspieler am Staatstheater Wiesbaden hat Bernd Ripken sich ein neues Solo auf den Leib geschrieben.

https://www.staatstheater-wiesbaden.de/programm/spielplan/mein-bass-kennt-keine-rente/6153/

Foto: Kathrin Schwedler

Schauspiel

Mein Bass kennt keine Rente

Von und mit Bernd Ripken
 
Di, 22.10.2019
GastspielStudio19:30
Während das Hessische Staatstheater im Oktober sein 125-jähriges Bestehen feiert, begeht der Schauspieler Bernd Ripken ein Jubiläum der ganz eigenen Art: Vor genau 50 Jahren wurde er in Wiesbaden Ensemblemitglied. Aus diesem Anlass hat sich Ripken ein Solo auf den Leib geschrieben: Ein pensionierter Musiker muss sich zwischen zwei Damen entscheiden, zwischen Brunhild und Floßhilde. Das große Problem: Letztere ist sein Kontrabass.
GastspielStudio19:30

Tickets:vorverkauf@staatstheater-wiesbaden.de

Foto: Kathrin Schwedler

Presse VRM

https://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesbaden/nachrichten-wiesbaden/urauffuhrung-von-bernd-ripkens-mein-bass-kennt-keine-rente_20517140

 

 

 

So. 2.12.2018, 17Uhr

Früher war mehr Lametta!

Weihnachtsgeschichten mit Bernd Ripken

Alle Jahre wieder heißt es "Oh, du fröhliche Weihnachtszeit". Der Schauspieler Bernd Ripken (Staatstheater Wiesbaden) hat seinen Vorrat an heiter-besinnlichen Kurzgeschichten durchstöbert. Zu hören sein werden Geschichten von Mensch, Tier, Tannen und anderen unvermeidlichen Akteuren rund ums Christfest. Bei der Benefizvorstellung für die Kulturstätte Monta ist 1 Glühwein und Gebäck im Eintrittspreis enthalten (20€ Erwachsene, Kinder 10€).

Reservierung:brentanos-erben@t-online.de

 

Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Wiederaufnahmen im Herbst/ Winter:

Der kleine Prinz (s.u.). Der Kurgast und "Die Buddenbrooks" (Gastspiele in Aschaffenburg)

http://www.staatstheater-wiesbaden.de/programm/spielplan/der-kleine-prinz-2016-2017/

Fotos: Lena Obst

 

Presse Wiesbadener Kurier( Wiesbadener Tagblatt  21.02.2017

Gehaltvolle Töne in der Sanddüne – „Der kleine Prinz“ im Staatstheater als Begegnung zwischen Jung und Alt 

Von Julia Anderton

WIESBADEN - Schlohweiß leuchtet das Haar unter dem eleganten Herrenhut, der alte Mann (Bernd Ripken) klammert sich an seinen Koffer und nutzt jede Gelegenheit zur Sitzpause. Allein die Cowboystiefel an seinen Füßen verraten, dass sich hinter der braven Aufmachung die Seele eines Abenteurers verbirgt, der trotz seines hohen Alters noch längst nicht müde ist. Denn es gilt, eine letzte Mission zu erfüllen: Er will zurück auf seinen Planeten – doch wie soll das vonstattengehen, wo er gerade in der Wüste festsitzt? Schelmisch kitzelt der Alte erst mal den in einer Sanddüne schlafenden Piloten wach, damit dieser ihm ein Schaf zeichnet. Dessen ungelenke Malversuche ergeben absonderliche Assoziationen wie die eines Elefanten im Schlangenmagen, bis der Pilot schließlich eine Kiste zeichnet, in dem sich das gewünschte Tier befindet, um den hartnäckigen Herrn ruhig zu stellen.

Die berühmte Einstiegssequenz aus Antoine de Saint-Exupérys Erfolgswerk „Der kleine Prinz“ sorgte bei dem jungen Publikum im Studio des Staatstheaters bei der Premiere für Heiterkeit, wie auch der Rest der Inszenierung von Regisseur Carsten Kochan (Bühne und Kostüme: Katarzyna Szukszta) für Kinder ab sechs Jahren eine Handvoll drolliger Momente vorsieht, darunter die bewährte Methode amüsanter Hörfehler, die aus „Schwamm“ mal eben „Schwein“ machen. Die geschickt platzierten Auflockerungen ziehen das Bühnengeschehen keineswegs ins Lächerliche, sondern nehmen ihm vielmehr auf kindgerechte Weise die philosophische Wuchtigkeit, nicht aber das Gewicht.(.)

(In) der Bearbeitung von Roberto Ciulli und Maria Neumann, die den Focus auf die Begegnung von Alt und Jung legen und die klassische Erzählung ebenso wie die Rollengestaltung aufbrechen. So hat der kleine Prinz die Jahre als Jungspund seit einer Ewigkeit hinter sich gelassen, jedoch nicht seine weisen Erkenntnisse. Vor seinem Rückflug in die Unendlichkeit möchte er sie mit dem Jüngeren teilen, sei es, dass dieser ihm als Pilot, König oder Geschäftsmann (alle Nebenfiguren werden von Elke Opitz dargestellt) begegnet. Er berichtet vom Glück der Gelassenheit („Mein Planet hat sich von Jahr zu Jahr schneller gedreht, jetzt gibt es nicht mal eine Sekunde Ruhe“), von der tiefen Sehnsucht nach seiner Rose und der bedingungslosen Liebe zu ihr, obgleich sie ihn mit ihrer Eitelkeit getriezt hat, sowie der Zähmung des Fuchses, der ihm als Freundschaftsgeschenk eine bezaubernde Rosenblüte überreicht, die sich jedoch als seelenlose papierne Bastelei entpuppt und die echte Rose eben nicht ersetzen kann: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

Nicht zuletzt (ist es) Ripkens behutsamem Spiel zu verdanken, das ihm ein Wechselspiel jungenhaftem Wagemuts und hoffnungsvoller Treuherzigkeit aus den Augen leuchten lässt.

 

Nächste Vorstellung Kurgast 2017: 19. April, 20 Uhr

Der Kurgast
von Hermann Hesse
eine Produktion vom Hessischen Staatstheater Wiesbaden

Kurgast

Szenische Lesung mit Bernd Ripken 
Der Kurgast: Hesse-Lesung in Wiesbaden 

Dieser autobiographische Bericht, die Beobachtungen eines Patienten bei einem Kuraufenthalt, ist eines der amüsantesten Bücher von Hermann Hesse. „Hinter einer halb scherzhaften Fassade“, bemerkte der Dichter im Oktober 1923, unmittelbar nach seiner Niederschrift, „ist es mein persönlichstes und ernsthaftestes Buch.“ Damals hatte sich der 46jährige wegen zunehmender Gicht- und Ischiasbeschwerden erstmals in den schweizerischen Kurort Baden begeben.
Als ihm der Text zum ersten Mal begegnete, hat Bernd Ripken ihn "sofort auf der Bühne gesehen", berichtet das Wiesbadener Tagblatt. Die in Buchform rund 140 Seiten langen "Aufzeichnungen von einer Badener Kur" hat Bernd Ripken gekürzt auf eine Vorstellungslänge von eineinhalb Stunden. Den Auftakt wird er spielen, die beschreibenden Passagen am Tisch lesen und den Kranken als Handelnden immer wieder auch szenisch vorzeigen. Der ironische Unterton des Textes, das Doppelbödige und Widersprüchliche der Figur animiert die Fantasie. Ripken: "Sie ist eine sich selbst beobachtende und keineswegs geradlinig"

 

 Foto: Paul Müller

Bernd Ripken als Gast im Wiesbadener Presseclub

Bericht im Wiesbadener Kurier

http://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/kultur/lokale-kultur/bestimmung-schauspieler--bernd-ripken-zu-gast-im-presseclub_16476009.htm

 

WK / TB Zeitungsportrait Bernd Ripken

Kultur vor Ort 02.07.2015

 

Schauspieler Bernd Ripken ist als Konsul in den „Buddenbrooks“ zurück auf der Bühne des Wiesbadener Theaters 

Von Viola Bolduan

WIESBADEN - Der Sog zwischen oben und unten, dem von der Bühne in den Zuschauerraum, wie auch der umgekehrte aus dem Auditorium wiederum zur Bühne zurück, ist spürbar stark. So gelingt Theater, weiß Schauspieler Bernd Ripken aus langer Erfahrung. Im Augenblick erfahren diesen Sog die Besucherinnen und Besucher der „Buddenbrooks“-Inszenierung wie auch das Ensemble. In ihm spielt Bernd Ripken Johann Buddenbrook, den Lübecker Kaufmann aus altem Schrot und Korn. Er kann „diesen Menschen auf der Bühne gut verteidigen“, sagt Bernd Ripken im Gespräch. „Der Mann hat Haltung“ – der Schauspieler auch. (...).-

Ganzen Artikel lesen: http://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/kultur/lokale-kultur/schauspieler-bernd-ripken-ist-als-konsul-in-den-buddenbrooks-zurueck-auf-der-buehne-des-wiesbadener-theaters_15781257.htm

 

Fotos: Monika und Karl Forster

Termine 2016: 28. Jan., 2.+19.Feb. 

 

Presseberichte zu Buddenbrooks:

Frankfurter Rundschau

Staatstheater Wiesbaden „Buddenbrooks“ Sich auf Situationen einstellen/ Judith von Sternburg

Die „Buddenbrooks“ am Staatstheater Wiesbaden, mit Mut zur Länge, zum Purismus und zur Tragödie. Auch wer Romanadaptionen verabscheut, wird sich dem gemächlichen, aber tüchtigen Sog schwerlich entziehen können.

Zuerst ein starkes Bild: Die Familie zum Foto aufgestellt, das unsichere Lächeln von Bernd Ripken kommt einem entgegen, ein Lächeln, das von einem Zähneblecken kaum zu unterscheiden ist. Schon ist es wieder dunkel. (.).

http://www.fr-online.de/theater/staatstheater-wiesbaden--buddenbrooks--sich-auf-situationen-einstellen,1473346,30955836.html

Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt

Nobel geht eine Familie zugrunde

Von Viola Bolduan

PREMIERE Intendant Uwe Eric Laufenberg inszeniert die „Buddenbrooks“ nach Thomas Mann / John von Düffel

WIESBADEN - Familien-Aufstellung im großbürgerlich hohen, delikat blaugrün gemalten Raum. Das erste Bild zeigt die Buddenbrooks als erfolgreiche Kaufleute Mitte des 19. Jahrhunderts, als Repräsentanten ihres gesellschaftlichen Standes und die drei Kinder im Zeitraffer zugleich schon als junge Erwachsene. In der Inszenierung des Intendanten Uwe Eric Laufenberg stehen sie in diesem ersten Bild vor dem großen Familientisch. Der „Verfall einer Familie“, wie Thomas Mann seinen „Buddenbrooks“-Roman nannte, wird im Konflikt zwischen traditioneller Haltungsethik und persönlichem Scheitern stattfinden. (..)

http://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/kultur/lokale-kultur/nobel-geht-eine-familie-zugrunde_15590694.htm

Fotogalerie: Bernd Ripken als alter Konsul Buddenbrooks

http://www.staatstheater-wiesbaden.de/programm/spielplan/menue-schauspiel/buddenbrooks/430/

 

Quelle: Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Buddenbrooks

von Thomas Mann in der Bühnenfassung von John von Düffel
So, 14.06.2015 Premiere Kleines Haus
 
»Die Buddenbrooks – das sind wir«, titelte das Handelsblatt 2008 zur Finanzkrise. Und es ist ein riskantes Termingeschäft, das den Niedergang des angesehenen Lübecker Handelshauses einleitet. Die Durchökonomisierung aller Lebensbereiche hat da aber schon länger an den Seelen der jüngeren Buddenbrooks genagt: Sorge um das Firmenkapital, Ehrgeiz seiner Vermehrung und Angst vor dem Verlust dominieren das Reden und Handeln. Eigenes Glück hat sich daran auszurichten. Die kesse Tony hat auf Druck ihres Vaters den verhassten Geschäftsmann Grünlich geheiratet und Schiffbruch erlitten. Während Sohn Thomas strebsam in die väterlichen Fußstapfen tritt, treibt sein Bruder Christian als glückloser Hallodri und Hypochonder durchs Leben.

Die Geschichte von Thomas Manns Jahrhundertroman enthält vielschichtige Charaktere und dramatische Konflikte. Sie ist aber auch eine Geschichte vom Kaufen und Verkaufen – und eine zeitlose Studie der Seele in Zeiten wechselnder Krisen: als Thomas Mann 1929, fast 30 Jahre nach Veröffentlichung, für seinen Roman den Literaturnobelpreis erhielt, war die Welt wieder einmal in der Krise. In New York wackelte die Börse, in Deutschland der Mittelstand. Und die heutige Soziologie kennt die Kombination satter Erben und nachlassender wirtschaftlicher Vitalität als »Buddenbrooks Effekt«...
 

Hessische Theatertage 2015: Publikumspreis Platz 3!

Enigma* Das Rätsel der Liebe *

von Éric-Emmanuel Schmitt

WIEDERAUFNAHME im Hebst 2015!

Regie: Jan Käfer

Regieassistenz: Nadine Schreiner
Bühne : Anna Seelert

Mit Bernd Ripken & Gregor Michael Schober

Tickets: www.kammerspiele-wiesbaden.de

Termine 2016: 20.Feb., 18.+19.März

 

Presse

Wiesbadener Kurier, 12.02.2013
Bernd Ripken mit „Enigma“ und Wilhelm Grimms Briefen in Wiesbaden (s.u.)

Wiesbadener Tagblatt, 18.02.2013 (Kritik)
Premiere von Eric-Emmanuel Schmitts Stück „Enigma“ mit Bernd Ripken und Gregor Schober in den Wiesbadener Kammerspielen 

"Liebe hat nichts mit Kennen zu tun, und erst recht nichts mit Besitzen. Wenn man jemanden liebt, bedeutet das, dass man dessen Geheimnis, sein Rätsel begehrt."

Der Journalist Erik Larsen interviewt den Literaturnobelpreisträger Abel Znorko. Sie reden über Znorkos Briefroman einer leidenschaftlichen Liebesbeziehung. Nach und nach treibt der sanfte Besucher den Schriftsteller in die Enge: Die Briefe sind nicht fiktiv ...

„ … wen liebt man, wenn man liebt ... man weiß es nie …“ 

Alain Delon begeisterte das Stück so sehr, daß er für die Rolle des Abel Znorko nach 28 Jahren erstmals wieder die Bühne betrat. In diesem packenden Drama erzählt der Erfolgsautor Eric-Emmanuel Schmitt von den Rätselhaftigkeiten der Liebe und zwischenmenschlicher Beziehungen überhaupt.

Der Journalist Erik Larsen aus dem kleinen Örtchen Nobrowsnik besucht den menschenscheuen Literaturnobelpreisträger Abel Znorko auf Rösvannöy, einer kleinen Insel am Polarkreis. Das Interview dreht sich um dessen neues Buch, einen Briefwechsel zweier Liebender.

Doch bald schon geht es in dem Männergespräch nicht mehr um das Werk, sondern um Macht, Ohnmacht und Liebe. Der zunächst so bescheidene Gast konfrontiert den arroganten  Schriftsteller mit unangenehmer Wahrheit. Zwischen den beiden steht eine Frau, die zwar nie in Erscheinung treten wird, jedoch immer gegenwärtig ist - ein Enigma, ein Rätsel, das die beiden Männer verbindet; mehr als sie sich eingestehen wollen … Eine Begegnung, wie sie spannender nicht sein könnte. 

Neben Yasmina Reza ist Éric-Emmanuel Schmitt inzwischen der erfolgreichste französischsprachige Autor der heutigen Zeit. Seine Bücher wurden in dreiundvierzig Sprachen übersetzt und seine Stücke in mehr als fünfzig Ländern aufgeführt. Mit ENIGMA aus dem Jahre 1996 ist Schmitt ein hochdramatisches und intelligentes Schauspiel gelungen, in dem die Problematik zwischenmenschlicher Beziehungen im Allgemeinen und der Liebe im Besonderen auf äußerst sensible Weise abgehandelt wird.

"Ein mit 90 Minuten kompakter, amüsanter, bitter-berührender und lebenskluger Theaterabend."
Wiesbadener Tagblatt, 18.02.2013

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

18.02.2013 - WIESBADENER Tagblatt / Wiesbadener Kurier

Von Birgitta Lamparth

Ein alternder Literaturnobelpreisträger, der sich auf eine einsame norwegische Insel zurückgezogen hat. Ein junger, unbekannter Journalist, der ihn hier interviewen will. Und eine zwar nicht anwesende, aber doch sehr präsente Frau, mit der der Autor scheinbar über 15 Jahre eine Korrespondenz führte, die er nun in seinem gefeierten Briefroman „Eine uneingestandene Liebe“ veröffentlicht hat. Das sind die real zwei, aber eben auch eigentlich drei Figuren in Eric-Emmanuel Schmitts Stück „Enigma“, das jetzt bei den Kammerspielen Wiesbaden Premiere feierte. (.)

In der Wiesbadener Inszenierung von Jan Käfer ist Znorko wunderbar besetzt mit Bernd Ripken. Der Schauspieler, viele Jahre lang als Ensemble-Mitglied des Staatstheaters in allen wichtigen Produktionen auf der Bühne, gibt diesem zunächst arroganten, zynischen und verschlossenen, später zunehmend emotional auftauenden Einzelgänger ein beeindruckendes Profil. Ins Wechselbad der Gefühle stürzt ihn ein nicht minder differenziert aufspielender Gregor M. Schober, künstlerischer Leiter der Kammerspiele, als Journalist Erik Larsen. Was ist seine wirkliche Motivation? Und warum darf ausgerechnet er den großen alten Mann der Literatur interviewen? Fragen, die sich nach und nach durch immer wieder völlig überraschende Wendungen dieses spannenden Duells beantworten.

Jan Käfer lotet diese Knalleffekte voll aus und verlässt sich dabei ganz auf die packende Darstellung seiner beiden Schauspieler im schlichten, aber effektiven Bühnenbild von Anna Seelert. Hier ist genug Raum für die süffigen Bonmots und tieferen Weisheiten in Schmitts Text, pointierten Betrachtungen über das Leben und die Liebe. Und die Lüge: „Sie erzählt, wie es sein sollte. Die Wahrheit begnügt sich damit, was ist“, so Znorko. Ein mit 90 Minuten kompakter, amüsanter, bitter-berührender und lebenskluger Theaterabend (.)..

www.kammerspiele-wiesbaden.de